Steine und verpasste Gelegenheiten 2019, Interventionen in der Karstregion und am Soča-Ufer

Als Künstlerin bewegt sich Helene Thümmel zwischen analogen und digitalen Medien. Inspiriert von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft versucht sie, weite Zusammenhänge zu verstehen und setzt sich mit Begriffen wie Distanz, Raum und Grenzen im sozialen und politischen Kontext auseinander. Dafür nützt sie Werkzeuge wie Video, Objekte, Text und Fotografie in ihren Installationen. Sie hat an zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen teilgenommen, u.a in Wien, Graz, Nova Gorica, Trbovlje, Brüssel, Rijeka. 2020/2021 wurde Thümmel mit dem Auslandstipendium für bildende Kunst der Stadt Graz sowie dem Kunstraum Stipendium des Land Steiermark ausgezeichnet.

Ihre Projekte befassen sich mit Raum, Materialität und Situationen. Helene Thümmel erforscht die Auswirkung auf eine Umgebung, die Logistik und Organisation, die Beziehung zwischen einem Raum und einem Körperteil, zwischen einer Person und einem Gebäude, zwischen einer Gruppe und ihrer Stadt. In umfassenden Beobachtungen und in detaillierter Recherche ermittelt sie Zusammenhänge und Einflüsse zwischen variablen Feldern. Sie arbeit in Konzepten und forsche an der Entwicklung von Situationen und Umständen unter Verwendung von Text, Objekten, Videos, Collagen, Fotografie sowie architektonischen Lösungen oder Installationen. Viele ihrer Arbeiten basieren auf historischen oder aktuellen Entwicklungen in der Gesellschaft.

Kontakt: helene@thuemmel.at
Webseite: https://thuem.mur.at

Ana Marwan: Goldglänzend (Textausschnitt)

Die Naturgesetzte finde ich viel einfacher als die Gesetze der Gesellschaft. In der Natur weiß ich: Wenn ich einen Apfel fallen lasse, fällt er auf den Boden und hat nichts mit mir zu tun. Nicht so in der Gesellschaft. Die Gesellschaft geht weg von der Newtonschen Mechanik Richtung undurchdringlicher Quantenphysik. Wenn ich zum Beispiel 6 bin und eine Vase fallen lasse, wird das entweder nichts machen, oder ich werde bestraft. Und während die Vase fällt, befinde ich mich in einem doppelten Zustand: Ich bin bestraft und unbestraft zugleich. Erst bei dem tatsächlichen Aufprall der Vase wird meine Lage klar. Dann brauche ich ein paar Jahre, bis mir klar wird, womit das zusammenhängt: 1) Vom Wert der Vase; der ist entweder a) finanziell oder b) emotionell, und 2) Von der gezeigten Größe meiner Reue. Vielleicht noch 3) Von der Tagesverfassung des Erwachsenen.

Ich sammle die Variablen, aber ich kann nie alle in Betracht ziehen, oder aber ziehe ich zu viele in Betracht?

Über die Autorin Ana Marwan (*1980)

Ana Marwan ist eine slowenische Schriftstellerin, die in deutscher und slowenischer Sprache publiziert. Sie verbrachte die ersten 25 Jahre in Ljubljana, Slowenien, dann zog sie nach dem Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft nach Wien um, wo sie noch Romanistik studierte. 2008 bekam sie den Exil-Literaturpreis „Schreiben zwischen den Kulturen“. Im Jahr 2019 erschien ihr erster Roman auf Deutsch „Der Kreis des Weberknechts“, 2021 ihr zweiter Roman auf Slowenisch „Zabubljena“ (2023 in deutscher Übersetzung „Verpuppt“). Sie nahm im Jahr 2022 an den 46. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt teil und wurde für ihren Text „Wechselkröte“ mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet. Seit 2022 ist sie auch Herausgeberin der Fachzeitschrift Literatur und Kritik. Ana Marwan lebt im niederösterreichischen Wolfsthal.